Eisen-Meteorite

 

Eisenmeteorite repräsentieren den grössten Teil aller Meteoritenfunde außerhalb der heißen Wüsten Afrikas und Asiens und dem Eis derMit Geländewagen auf Suche Antarktis, weil sie aufgrund ihrer metallischen Beschaffenheit und ihres hohen Gewichts auch von Laien leicht als Meteorite erkannt werden. Außerdem verwittern sie wesentlich langsamer als ihre steinigen Verwandten und sind meist um einiges grösser, da sie kompakter und stabiler sind und daher auf ihrer Passage durch die Atmosphäre sowie beim Aufprall auf die Erde seltener zerbersten. Eine Liste der Giganten unter den Eisenmeteoriten finden Sie unter der Rubrik Rekorde.

Trotz dieser Fakten und der Tatsache, dass alle Eisenmeteorite mit einem Gesamtgewicht von mehr als 300 Tonnen über 80% der Gesamtmasse aller bekannten Meteorite ausmachen, sind sie doch verhältnismäßig selten. Eisenmeteorite werden zwar häufig gefunden und leicht als Meteorite identifiziert, aber sie stellen dennoch bloss 5,7% aller beobachteten Fälle.

Was die Klassifizierung betrifft, werden Eisenmeteorite nach zwei vollständig verschiedenen Schemata in Gruppen unterteilt. Das erste Schema ist eine Art Relikt aus den Zeiten der klassischen Meteoritenkunde und unterscheidet die Eisenmeteorite nach ihrer Struktur und ihrem vorherrschenden Mineralbestand, das zweite Schema ist ein eher moderner Ansatz, der die Eisenmeteorite in chemische Klassen unterteilt und sie so bestimmten Mutterkörpern zuzuordnen versucht.
 

 

 

 

Strukturelle Klassifikation Pause im Geländewagen

Eisenmeteorite setzen sich vor allem aus zwei verschiedenen Nickeleisen-Mineralen zusammen, dem "Balkeneisen" Kamazit mit einem Nickelgehalt von bis zu 7,5% und dem "Bandeisen" Taenit mit einem Nickelgehalt von 27 - 65%. Je nach Anteil und Verteilung des ein oder anderen Minerals bilden Eisenmeteorite spezifische Strukturen aus, nach denen sie von der klassischen Meteoritenkunde in drei verschiedene strukturelle Klassen unterteilt werden.

 

 

 

Oktaedrite

Die Oktaedrite bestehen aus einer mehr oder weniger feinen Verwachsung von Kamazit und Taenit, die der Struktur des Oktaeders folgt. Wenn ein solcher Meteorit poliert und seine Oberfläche mit Salpetersäure geätzt wird, wird diese Verwachsung in Form der sogenannten Widmanstättenschen Figuren sichtbar, einem faszinierenden Spiel geometrisch angeordneter Bänder und Balken. Entsprechend der Breite der Kamazitbänder unterscheidet man folgende Untergruppen: die nickelarmen breiten Oktaedrite mit einer Bandbreite von über 1,3mm, die mittleren Oktaedrite mit einer Bandbreite von 0,5mm bis 1,3mm sowie die eher nickelreichen feinen Oktaedrite mit einer Bandbreite von weniger als 0,5mm. Oft werden noch weitere Gruppen unterschieden, um noch breitere oder feinere Strukturen zu beschreiben.

 

Hexaedrite

Die Hexaedrite bestehen nahezu ausschließlich aus dem nickelarmen Kamazit und zeigen keine Widmanstättenschen Figuren, wenn sie poliert und geätzt werden. Allerdings werden bei manchen Hexaedriten nach dem Ätzen feine parallele Linien sichtbar, die sog. Neumann Linien, die strukturelle Verformungen im Kamazitgefüge darstellen und wohl die Folge eines Impaktereignisses sind, dem Zusammenstoß des Hexaedrit-Mutterkörpers mit einem anderen Asteroiden oder dem Aufprall des Meteoriten auf die Erde.

 

Ataxite

Auch die Ataxite zeigen nach dem Ätzen keinerlei Strukturen, aber im Gegensatz zu den Hexaedriten bestehen sie nahezu ausschließlich aus Taenit und besitzen nur mikroskopisch kleine Kamazit-Lamellen. Damit zählen sie zu den nickelreichsten Meteoriten überhaupt (über 16% Nickelgehalt), aber auch zu den seltensten. Bislang wurde noch kein einziger Fall eines Ataxiten beobachtet! Doch die Welt der Meteorite ist eine verrückte Welt: der grösste Meteorit auf dieser Erde, der Hoba-Meteorit aus Namibia mit einem Gewicht von über 60 Tonnen, gehört paradoxerweise zu der seltenen Klasse der Ataxite.

 

Chemische Klassifikation


Sandbleche Neben einem spezifischen Eisen- und Nickelgehalt zeichnen sich die Eisenmeteorite durch Beimengungen anderer Minerale sowie durch Spurenanteile von Edel- und Schwermetallen wie z.B. Germanium, Gallium, Iridium, Arsen, Wolfram oder Gold aus. Die Untersuchung des jeweiligen Verhältnisses der Spurenmetalle zum Nickelgehalt hat die Existenz bestimmter chemischer Gruppen von Eisenmeteoriten offenbar werden lassen, wobei man davon ausgeht, dass jede dieser chemischen Gruppen einem eigenen Mutterkörper entspricht.

Im folgenden werden wir kurz auf die dreizehn etablierten chemischen Gruppen eingehen, wobei zu bemerken ist, dass etwa 15% aller bekannten Eisenmeteorite nicht in dieses Schema passen und entweder zu anderen, hier nicht näher beschriebenen Grüppchen zusammengefaßt werden oder gar einmalig sind. Insgesamt repräsentieren diese ungruppierten Eisenmeteorite über 90 andere Mutterkörper, wobei man allerdings sagen muss, dass die Mehrzahl dieser Welten heute wohl gar nicht mehr existiert. Immerhin stellen die meisten Eisenmeteorite - vergleichbar mit dem Nickeleisenkern der Erde - die Kerne differenzierter Asteroiden oder Planetoiden dar, die, um freigelegt und als Meteorit auf die Erde zu gelangen, zuerst durch katastrophale Zusammenstösse und Impaktereignisse zerstört werden mussten!

 

 

Chemische Gruppen:

IAB

IC

IIAB

IIC

IID

IIE

IIF

             

IIIAB

IICD

IIIE

IIF

IVA

IVB

UNGR

 

 

IAB - Gruppe

Ein Grossteil aller Eisenmeteorite gehört dieser Gruppe an, wobei alle strukturellen Klassen vertreten sind. Besonders häufig unter den IAB-Eisen sind aber breite und mittlere Oktaedrite sowie silikatreiche Eisen, Eisenmeteorite mit mehr oder weniger grossen Einschlüssen aus verschiedenen Silikaten. Diese Silikate sind chemisch eng verwandt mit denen der Winonaite, einer seltenen Gruppe von primitiven Achondriten, so dass man annimmt, dass beide Gruppen von ein und demselben Mutterkörper stammen. Oft finden sich in IAB-Eisenmeteoriten auch bronzefarbene Einschlüsse des Eisensulfids Troilit sowie schwarze Graphit-Nodulen. Nicht nur das Vorkommen dieser elementaren Form des Kohlenstoffs gibt einen Hinweis auf eine enge Verwandtschaft der IAB-Gruppe mit den kohligen Chondriten; auch die Verteilung der Spurenelemente lässt einen derartigen Schluss zu.

 

IC - Gruppe

Die wesentlich selteneren IC-Eisenmeteorite sind denen der IAB-Gruppe recht ähnlich, mit dem Unterschied, dass sie geringere Anteile der Spurenelemente Arsen und Gold aufweisen. Strukturell gehören sie meist den breiten Oktaedriten an, obschon auch anders strukturierte IC-Eisen bekannt sind. Typisch für diese Gruppe ist weiterhin das häufige Vorkommen von dunklen Einschlüssen des Eisenkarbids Cohenit, während Silikateinschlüsse fehlen.

 

IIAB - Gruppe

Die Meteorite dieser Gruppe sind Hexaedrite, d.h. sie bestehen aus einzelnen, sehr grossen Kamazit-Kristallen, oder breiteste Oktaedrite. Die Verteilung der Spurenelemente in den IIAB-Eisen ähnelt der Verteilung in manchen kohligen Chondriten und Enstatit-Chondriten, so dass man davon ausgehen kann, dass die IIAB-Eisen einem derartigen chondritischen Mutterkörper entstammen.

 

IIC - Gruppe

Die Gruppe der IIC-Eisenmeteorite besteht aus feinsten und plessitischen Oktaedriten mit Kamazitbändern unter 0,2mm. Das sogenannte "Fülleisen" Plessit, eine besonders feine Verwachsung von Taenit und Kamazitspindeln, kommt zwar auch in anderen Oktaedriten im Übergang zwischen Taenit und Kamazit vor, bei den Eisenmeteoriten der Gruppe IIC bildet es jedoch den Hauptmineralbestand.

 

IID - Gruppe

Die Mitglieder dieser Gruppe sind meist mittlere bis feine Oktaedrite, die sich durch eine ähnliche Verteilung der Spurenelemente und einem sehr hohen Anteil von Gallium und Germanium auszeichnen. Die meisten IID-Eisenmeteorite enthalten zahlreiche Einschlüsse des Nickeleisenphosphats Schreibersit - ein ausgesprochen hartes Mineral, welches das Schneiden eines IID-Eisens oft zu einer schwierigen Angelegenheit werden lässt.

 

IIE - Gruppe

Die IIE-Eisenmeteorite gehören strukturell zur Klasse der breiten bis mittleren Oktaedrite, und sie enthalten meist zahlreiche Einschlüsse verschiedener eisenreicher Silikate. Anders als bei den IAB-Eisen erscheinen die Silikateinschlüsse jedoch nicht als undifferenzierte Klasten, sondern in Form erstarrter, oft klarer Tropfen, welche die IIE-Eisenmeteorite zu den optisch attraktivsten Meteoriten überhaupt werden lässt. Chemisch scheinen die IIE-Eisen eine enge Verwandtschaft zu den H-Chondriten aufzuweisen, und vielleicht stammen beide Gruppen von ein und demselben Mutterkörper.

 

IIF - Gruppe

Diese kleine Gruppe setzt sich aus plessitischen Oktaedriten und Ataxiten zusammen, die alle einen hohen Nickelgehalt sowie ausgesprochen hohe Anteile der Spurenmetalle Germanium und Gallium aufweisen. Eine chemische Verwandtschaft besteht sowohl zu den Pallasiten der Eagle-Station-Gruppe als auch zu den kohligen Chondriten der Gruppen CO und CV. Die Eagle-Station-Pallasite stammen möglicherweise sogar vom selben Mutterkörper.

 

IIIAB - Gruppe

Neben der Gruppe der IAB-Eisen hat die IIIAB-Gruppe die meisten Mitglieder. Strukturell handelt es sich bei ihnen um breite bis mittlere Oktaedrite. Gelegentlich findet man in diesen Meteoriten Einschlüsse von Troilit und Graphit, während Silikateinschlüsse ausgesprochen selten sind. Dennoch besteht eine enge Verwandtschaft zu den Pallasiten der Hauptgruppe, und man geht heute davon aus, dass beide Gruppen von einem gemeinsamen Mutterkörper stammen.

 

IIICD - Gruppe

Strukturell handelt es sich bei den Meteoriten der IIICD-Gruppe um feinste Oktaedrite und Ataxite, während chemisch eine enge Verwandtschaft zu den Meteoriten der IAB-Gruppe besteht. Wie diese enthalten die IIICD-Eisen auch häufig Silikat-Einschlüsse, und man geht heute davon aus, das beide Gruppen einem gemeinsamen Mutterkörper entstammen. Mithin besteht auch eine sehr enge Verbindung zu den Winonaiten, einer seltenen Gruppe primitiver Achondrite. Typisch für die IIICD-Eisenmeteorite ist das Vorkommen des Nickeleisenkarbids Haxonit, ein Mineral, das ausschliesslich in bestimmten Meteoriten gefunden wird.

 

IIIE - Gruppe

Strukturell wie chemisch sind die IIIE-Eisenmeteorite denen der IIIAB-Gruppe recht ähnlich, unterscheiden sich aber durch eine einzigartige Verteilung der Spurenelemente sowie durch typische Einschlüsse des Nickeleisenkarbids Haxonit, ein Merkmal, welches sie wiederum mit den Eisenmeteoriten der IIICD-Gruppe teilen. Es ist daher nicht ganz klar, ob es sich hier um eine eigenständige Gruppe im Sinne eines separaten Mutterkörpers handelt. Weitere Untersuchungen werden hier in der Zukunft vielleicht neue Ergebnisse bringen.

 

IIIF - Gruppe

Diese kleine Gruppe umspannt strukturell ein Spektrum von breitesten bis hin zu feinen Oktaedriten, unterscheidet sich von anderen Eisenmeteoriten jedoch sowohl durch einen relativ geringen Nickelgehalt als auch durch den sehr niedrigen Gehalt und die einzigartige Verteilung bestimmter Spurenelemente.

 

IVA - Gruppe

Die Mitglieder der IVA-Gruppe gehören strukturell zur Klasse der feinen Oktaedrite und besitzen eine einzigartige Verteilung ihrer Spurenelemente. Einschlüsse von Troilit und Graphit kommen vor, während Silikateinschlüsse ausgesprochen selten sind. Lediglich der anomale Meteorit Steinbach, ein historischer, deutscher Fund macht eine bemerkenswerte Ausnahme, da er nahezu zur Hälfte aus rötlich-braunen Pyroxenen besteht, die in einer Nickeleisenmatrix vom Typ IVA eingebettet sind. Ob es sich bei ihm um das Produkt eines Einschlags auf dem IVA-Mutterkörper handelt oder gar um ein Pendant zu den Pallasiten, also um einen echten Steineisenmeteorit, wird noch heftig diskutiert.

 

IVB - Gruppe

Die Eisenmeteorite der Gruppe IVB besitzen alle einen hohen Nickelgehalt von etwa 17% und gehören strukturell zur Klasse der Ataxite. Unter dem Mikroskop betrachtet fällt jedoch auf, dass sie nicht aus reinem Taenit bestehen, sondern plessitischer Natur sind, d.h. aus einer sehr engen Verwachsung von Kamazit und Taenit aufgebaut sind. Ein typisches Beispiel für ein IVB-Eisen ist der grösste Meteorit dieser Erde, Hoba aus Namibia.

 

UNGR - Gruppe

Mit diesem Kennzeichen, das soviel wie "ungruppiert" bedeutet, werden alle Meteorite zusammengefasst, die nicht in die oben aufgeführten chemischen Gruppen eingeordnet werden können. Zwar sind inzwischen einige dieser ungruppierten Eisen von Forschern in etwa zwanzig verschiedene Grüppchen geordnet worden, aber zur Anerkennung einer neuen Meteoritengruppe bedarf es gewöhnlich einer Mindestzahl von fünf Mitgliedern - eine Anforderung des Nomenklaturkomitees der Meteoritical Society, die verhindern soll, dass zu schnell neue Gruppen ausgerufen werden, die sich nachher womöglich als Teil oder Erweiterung einer anderen Gruppe herausstellen.