Siegfried Haberer




 

Siegfried Haberer war schon immer ein begeisterter Sucher und Finder. Bereits während seines Architekturstudiums verbrachte er jede freie Minute in der Grube Messel bei Darmstadt, um dort fossile Raritäten aus dem mittleren Eozän aufzuspüren. Für sein großes Engagement wurde er mit Fossilienfunden wie Schlangen, Schildkröten, Krokodilen sowie Säugetieren, darunter zwei Urpferde, belohnt. Heute noch sind viele dieser Stücke öffentlich zu bewundern, unter anderem im Brüsseler Nationalmuseum.

Auch nach dem Abschluss seines Studiums hielt die Begeisterung für die fossilen Boten aus längst vergangenen Zeiten an. Es folgten Expeditionen ins europäische Ausland und nach Südamerika, wo er ebenfalls erfolgreich nach Sauriern gegraben hat.

Doch nicht nur die Vergangenheit in Form von Fossilien übte eine starke Anziehung auf ihn aus, sondern auch fremde Länder und geschichtsträchtige Kulturen. So folgte eine einjährige Tour durch Asien und Südamerika. Ein dreiwöchiger Himalaya-Treck in Nepal zum Fuße des Mount Everest hat ihn dabei besonders fasziniert. Yaks, Sherpas, Tempel, die freundliche Aufnahme in ein buddhistisches Kloster spätnachts, nachdem er sich auf der Suche nach dem Gipfelpfad zum Kalapadar verlaufen hatte, prägten ihn fürs Leben. Er sagt, die sternenklaren Nächte zwischen den eis- und schneebedeckten Achttausendern hätten ihm das Gefühl gegeben, über den Wolken zu schweben und zugleich mit beiden Beinen fest auf der Erde zu stehen.

Die Anden Südamerikas, der Titicacasee bzw. eine mehrwöchige Reise mit Indianern in kleinen Booten auf dem Amazonasstrom bis zur Atlantikmündung, durch den schier endlos erscheinenden Dschungel, hinterließen ebenfalls eine tiefe, nachhaltige Wirkung auf ihn.

Eines Tages wollte er dann doch sein erlerntes Wissen aus dem Architekturstudium in die Praxis umsetzen. So entstand das eine oder andere Haus im Schwarzwald sowie im Umfeld der Universitätsstadt Freiburg. Am meisten hing sein Herz an der Renovierung von prunkvollen Villen aus der Zeit des Jugendstils.

Auch diese Phase seines Lebens hatte sich dann irgendwann erschöpft. Sehr plötzlich sogar.

Eines Tages klingelte ein Freund, mit dem er in früheren Zeiten nach den fossilen Schätzen gesucht hatte, an seiner Tür und fragte ihn völlig unerwartet:

"Siggi, willst du mit mir in die Sahara fahren und nach seltenen Steinen suchen?“ Siegfried fragte ihn: „Welche Steine?“ „Meteoriten“, erwiderte der Freund namens Thomas und holte zwei Gesteinsbrocken mit einer mattglänzenden schwarzen Oberfläche von jeweils mehreren Kilogramm, die er vor ihn auf den Boden legte. Siegfried nahm die weitgereisten Boten aus dem All ehrfürchtig in Augenschein. In diesem Moment war eine große Leidenschaft geboren, die bis zum heutigen Tage anhält. Er sagte seinem Freund spontan zu.

Nach nur zwei Monaten hatte Siegfried sein Architekturbüro geschlossen und machte sich mit Thomas in zwei vollgepackten Geländewagen auf die abenteuerliche Reise nach Libyen. Von nun an waren nicht mehr Zirkel, Lineal und Skizierstift seine Werkzeuge. Stattdessen ging es um nach Diesel stinkende Benzinkanister, Sandbleche, Reserveräder, Werkzeugkisten, Magnete, Landkarten und andere Utensilien, die man für eine Wüstenexpedition bzw. die Meteoriten-Suche benötigt.

Seinen ersten außerirdischen Stein aufzuheben und als erster Mensch in den Händen zu halten, beschreibt Siegfried als ein überwältigendes Erlebnis. Es sollten viele weitere Steine folgen.

Die ersten Expeditionen wurden mit den eigenen Geländewagen durchgeführt. Mit der Fähre ging es übers Mittelmeer nach Libyen, bis ins Zentrum der Sahara, später auch nach Tunesien und Marokko. Nach zwei Überfällen in Libyen, von denen Siegfried einen nur sehr knapp überlebte, entschied er sich für den kultivierteren Oman.

Siegfried war es immer ein besonderes Anliegen, seine Begeisterung für die seltenen Steine aus dem Weltall auch anderen Menschen zugänglich zu machen. Aus diesem Grund war er an zahlreichen TV- und Radiosendungen beteiligt und veröffentlichte gemeinsam mit Karin Schneider verschiedene Artikel in renommierten Fachmagazinen und Zeitungen.

Am 7. Oktober 2008 fand ein Ereignis statt, das Siegfried sofort in seinen Bann schlug: Im Sudan kollidierte der erste zuvor im Weltall beobachtete Asteroid, für den der Einschlag korrekt vorausberechnet werden konnte, mit der Erde. Vorangegangen war dieser Kollision eine Beobachtung von Richard A. Kowalski. Am 6. Oktober entdeckte der Hobbyastronom den Asteroiden, dem man später den Namen 2008 TC3 gab. Er gab diese Information umgehend weiter, und von diesem Moment an wurden weltweit sämtliche Teleskope auf den Asteroiden ausgerichtet. 19 Stunden später explodierte der 83 Tonnen schwere Himmelskörper wie vorausberechnet über der Nubischen Wüste im Norden des Sudans. Er ging in einer Vielzahl von Bruchstücken in der Nähe der Wüsten-Bahnstation ‚Almahata Sitta‘ (deutsch: ‚Bahnstation Sechs‘) nieder, die später zum Namensgeber der Meteoriten wurde.

Siegfried Haberer war von diesem Ereignis so fasziniert, dass er unverzüglich alles nur Erdenkliche unternahm, um in den Besitz einiger dieser sensationellen Meteoriten zu gelangen. Er war der erste, der die Alamahata-Sitta-Meteoriten zum Verkauf anbot und weit über hundert Wissenschaftler weltweit mit dem aufsehenerregenden Material versorgte. Aus den Untersuchungsergebnissen der Steine ging recht schnell hervor, dass nicht nur den Fallumständen des Asteroiden 2008 TC3 eine Sonderstellung zukommt. Höchstwahrscheinlich ist der Asteroid 2008 TC3 aus einer Kollision von mehreren (vermutlich drei) unterschiedlichen Asteroiden entstanden. Und auch das Gesteinsmaterial der Almahata-Sitta-Meteoriten ist spektakulär: Unter anderem konnten die Wissenschaftler verschiedene Aminosäuren, also Grundbausteine des Lebens, sowie Kohlenwasserstoffverbindungen nachweisen.

Es ist für Siegfried Haberer von ganz besonderem Interesse, sehr eng mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten. So ergab es sich auch, dass er in wissenschaftlichen Publikationen namentlich erwähnt wurde.

Heute betreibt Siegfried Haberer die Suche nach Meteoriten im Gegensatz zu früheren Jahren zwar als Hobby, doch seine Begeisterung ist ungebrochen.




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